„Wú hua guo“ nennen die Chinesen die Feige, was übersetzt „die Frucht ohne Blüte“ bedeutet. Doch der Schein trügt. Feigen bilden zwar keine sichtbaren Blüten, aber ein blütentragendes Organ, das sog. Syconium, das eigentlich nur eine Schwellung am Stielende ist. Dieses Syconium ist wiederum das, was wir für die Frucht halten. Jedes Syconium beinhaltet einen Hohlraum mit vielen winzigen Einzelblüten.
Doch es wird noch komplizierter, denn es gibt weibliche und sog. hermaphroditische Feigenbäume. Letztere besitzen sowohl männliche als auch weibliche Blüten in den einzelnen Syconia. Die Bestäubung erfolgt durch eine spezialisierte Wespe, die nicht einmal 2 mm große Feigenwespe (Blastophaga psenes). Diese entwickeln sich in einem männlichen Syconium und trägt den Pollen dann zu den Blüten einer weiblichen Pflanze. Durch eine winzige Öffnung im Syconium, das Ostiolum, gelangen die Bestäuber in das Innere zu den Blüten.
Öffnen Sie eine reife Feige, kommen die zahlreiche winzigen Nüsschen zum Vorschein, die vom Fruchtfleisch umgeben sind. Jeder Kern ist eine Steinfrucht, die sich aus einer der kleinen Blüten gebildet hat.
Und wieso tragen Feigenbäume in unseren Breiten Früchte?
Diese enge Symbiose zwischen Feigenbaum und Feigenwespe gibt es nur im warmen Klima südlich der Alpen, denn nur dort kommt die Feigenwespe vor. Damit Feigenbäume auch bei uns fruchten, haben Züchter sog. parthenokarpische Feigen hervorgebracht, die auch ohne Befruchtung „Früchte“ tragen.
Wilde Feigen aus dem Urlaub im Mittelmeerraum mit nach Hause zu nehmen, hat demnach auch keinen Sinn, denn bei uns wird der Baum wohl nie Früchte tragen können.