Ein sonniger, warmer Spätsommer wird gerne als „Altweibersommer“ bezeichnet. Mit alten Frauen hat er allerdings nichts zu tun. Mehr lesen ...
Die 16. „Stunde der Wintervögel“ ist zu Ende gegangen. In der größten Mitmach-Aktion des Landes zählten 26.897 Vogelbegeisterte gemeinsam mit der Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich die Vögel in unseren winterlichen Dörfern und Städten. Die Beteiligung war wieder beachtlich hoch, in Wien und Oberösterreich konnten sogar neue Teilnehmerrekorde erreicht werden. Es haben im 16. Jahr der größten Vogelzählaktion des Landes 26.897 Vogelbegeisterte insgesamt 645.540 Vögel gemeldet. Das ist eine beachtliche Steigerung von den anfangs 500 Zählern, mit denen die Aktion 2005 ins Leben gerufen wurde.
Die Kohlmeise führt nach dem letzten Jahr auch heuer wieder die Rangliste der häufigsten Wintervögel an, gefolgt von Haus- und Feldsperling. Etwas Besonderes war der starke Einflug von Bergfinken in einigen Bundesländern, der an jenen von 2016 erinnert. In Wien wurde mit einem Tienschan-Laubsänger ein ganz seltener Gast aus Zentralasien gesichtet. Durchschnittlich waren knapp 31 Vögel pro Zählort zu beobachten – fast so viele wie im Vorjahr. Die Gesamtzahlen blieben über die letzten fünf Jahre stabil, im langfristigen Vergleich nimmt die Anzahl der Wintervögel in den Gärten jedoch ab.
Highlights
In diesem Jahr war die Kohlmeise erneut die häufigste Vogelart in den Siedlungen Österreichs, mit durchschnittlich 4,7 Individuen pro Garten, was etwas unter dem Vorjahreswert liegt. Sie war an etwa 90 % der Futterstellen vertreten, erreichte jedoch nur in Wien, Niederösterreich und Oberösterreich den ersten Platz. Der Haussperling und der Feldsperling belegten die Plätze zwei und drei und waren in fast der Hälfte der Gärten präsent. Die Amsel fiel auf Platz vier und war vor allem in Ostösterreich um etwa 19 % weniger häufig, was möglicherweise auf Vogelkrankheiten wie das Amselsterben durch das Usutu-Virus zurückzuführen ist, das schon in der Vergangenheit für vorübergehende Rückgänge österreichischer Amselbestände verantwortlich war.
Ein Highlight der diesjährigen Vogelzählung war der Bergfink, der mit 37.398 Individuen den siebten Platz in Österreich belegte, in Oberösterreich sogar den vierten. Dies erfreute Projektleiterin Evelyn Hofer, da ein solcher Einflug zuletzt 2016 beobachtet wurde. Der Bergfink, der in Skandinavien brütet, wurde durch ein reiches Angebot an Bucheckern in den nördlichen Alpenregionen angezogen.
Ähnlich verhielt es sich beim Kernbeißer, der in den nordwestlichen Bundesländern fast doppelt so häufig gesichtet wurde wie in den vergangenen fünf Jahren, was auf einen verstärkten Einflug aus nordöstlichen Regionen hindeutet. Im Gegensatz dazu fehlte der Erlenzeisig in den Top 10, da ein Einflug aus nördlichen Regionen ausblieb.
Besorgniserregend ist der Rückgang des Grünlings, dem seit Jahren die Vogelkrankheit Trichomoniasis zu schaffen macht. In den ersten Jahren der Vogelzählaktion wurde er noch in jedem zweiten Garten beobachtet, nun ist er nur noch an jedem fünften Zählort zu finden.
Über eine ganz besondere Vogelart konnte sich ein Zähler freuen: Er sichtete einen Tienschan-Laubsänger, der ein Brutvogel der Bergwälder Zentralasiens ist. Dieser kleine Vogel zieht im Winter eigentlich nach Süd-Asien und konnte überhaupt erst zum zweiten Mal in Österreich beobachtet werden. Dass einzelne Individuen verschiedener Zugvogelarten von ihrer Zugroute abkommen und fernab des üblichen Verbreitungsgebiets auftauchen, kommt selten, aber doch regelmäßig vor.
Verschiedene Einflüsse
Das winterliche Vorkommen von Vögeln in Städten und Dörfern wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst, die sowohl natürliche Schwankungen als auch langfristige Rückgänge erklären.
- Milder werdende Winter spielen dabei eine zentrale Rolle: Vor allem in Tieflagen bleiben geschlossene Schnee- und Eisdecken über längere Zeiträume aus. Dadurch finden viele Vogelarten weiterhin ausreichend Nahrung in Wäldern. Dies betrifft insbesondere samenfressende Waldvogelarten wie Buchfink, Tannenmeise oder Kleiber.
- Häufiger auftretende Baummastjahre: Durch die Klimakrise häufen sich Baummastjahre – das sind Jahre, in denen bestimmte Baumarten besonders viele Samen tragen. Sie sind als Stressreaktion der Bäume zu deuten. Während Baummastjahre meist dazu führen, dass die Vögel in den Wäldern viel Nahrung finden und deshalb in geringeren Zahlen zu den Futterstellen kommen, kann sich in manchen Jahren der gegenteilige Effekt ergeben: Die vielen Samen im Wald können nämlich Gäste aus dem Norden anlocken. So dürfte das heurige Buchenmastjahr in den nordwestlichen Teilen des Landes zu den hohen Zahlen an Bergfinken in dieser Region geführt haben.
- Der Zuzug von Vögeln aus dem Norden spielt bei vielen Arten, darunter auch beim diesjährigen „Siegervogel“, der Kohlmeise, eine wesentliche Rolle. Dieser kann Jahr für Jahr sehr unterschiedlich ausfallen. Die Schwankungen hängen stark vom Nahrungsangebot, den Wetterbedingungen und dem Bruterfolg in den nördlichen Herkunftsregionen ab. Besonders auffällig war in diesem Jahr der Einflug des Bergfinks.
- Lebensraumverschlechterungen für Vögel in den Städten und Dörfern, wie die zunehmend naturfern gestalteten Gärten, der Verlust alter Baumbestände und die ungebremste Verbauung, dürften sich ebenso negativ auf die Bestände der Siedlungsvögel auswirken. Eine davon besonders betroffene Art ist der Haussperling, dessen Zahlen über die Jahre stetig zurückgegangen sind. Er hält sich ganzjährig in Städten und Dörfern auf und sein Vorkommen wird nicht durch Witterungsverhältnisse, Samenangebot im Wald oder Zuzug aus dem Norden beeinflusst.
Quelle: BirdLife Österreich